Beginnen wollen wir mit einem fiktiven Beispiel. Dieses hat vier Etappen:
- Eine Frau Schaffner heiratet einen Herrn Bonin. Als Familiennamen wählen die Eheleute den Namen Bonin. Damit wollen sie ihre Verbundenheit zum Ausdruck bringen.
- Die Ehe wird nach zehn Jahren geschieden; Frau Schaffner behält auch nach der Scheidung den Namen Bonin: Nachdem sie ihn so lange getragen hat, identifiziert sie sich mit diesem Namen.
- Fünf Jahre später lernt Frau Bonin, ehemals Schaffner, den Herrn Müller kennen. Die beiden wollen heiraten und eine Familie gründen.
- Frau Bonin, ehemals Schaffner, wünscht sich für die künftigen Kinder ihren jetzigen Namen als Familiennamen, also Bonin. Herr Müller ist mit der Wahl des Namens Bonin als Familiennamen einverstanden.
Man würde doch meinen, dass eine solches problemlos möglich ist, immerhin heisst Frau Schaffner nunmehr seit fünfzehn Jahren Bonin.
Die Zivilstandesbeamtin winkt jedoch ab: Seit das neue Namensrecht gelte, könnten die Kinder von Herrn Müller und Frau Bonin, ehemals Schaffner, nicht Bonin heissen.
Lassen Sie uns dieser Frage nachgehen:
Weiterführung des bisherigen Namens bei Heirat
Seit dem 1. Januar 2013 ist der Grundsatz der Unveränderlichkeit des Geburtsnamens im Gesetz verankert.
Bei der Eheschliessung behält somit grundsätzlich jeder Ehegatte den Namen, welchen er zu diesem Zeitpunkt trägt (Art. 160 Abs. 1 ZGB).
Dies kann auch ein durch frühere Ehe erworbener Name sein. In unserem Beispiel wäre dies für die Ehefrau der Name Bonin und für den Ehemann der Name Müller.
Familiennamen der Kinder
Behalten die Brautleute ihre früheren Namen, so müssen sie beim Zivilstandsamt einen der beiden Ledignamen (!) als Name der künftigen Kinder bestimmen. So hält dies Art. 160 Abs. 3 ZGB fest.
Dies führt in unserem Beispiel zur reichlich absurden Situation, dass für die zukünftigen Kinder von Frau Bonin, ehemals Schaffner, und Herrn Müller nur die jeweiligen Ledignamen – also entweder Schaffner oder Müller – als Familiennamen gewählt werden können!?
Schauen wir uns noch kurz den rechtlich vorgesehenen Ausnahmefall an:
Namenserwerb bei Heirat
Wünschen die Brautleute einen gemeinsamen Familiennamen, so müssen sie dies gegenüber dem Zivilstandsamt erklären (Art. 160 Abs. 2 ZGB). Wählbar als Familienname ist der Ledigname der Braut oder der Ledigname des Bräutigams, nicht aber ein durch frühere Heirat erworbener Name.
Für den Fall von Frau Bonin, ehemals Schaffner, und Herr Müller bedeutet das, dass als Familienname lediglich der Name Müller oder der Ledigname von Frau Bonin, also Schaffner, gewählt werden kann. Der Name, welche Frau Bonin seit fünfzehn Jahren trägt, kommt nicht in Frage.
Man kann es kaum glauben, aber so hat das Parlament das Gesetz gemacht. Was ist die Erklärung für diese Regelung?
Erklärung dieser Regelung
In den Kommentaren zum ZGB findet man die Erklärung, dass diese Norm ihren Ursprung im Grundsatz der Unveränderlichkeit des Geburtsnamens habe, wobei auf die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (BBI 2009 403, S. 414) sowie auf den Bundesrat (BBI 2009 429, S. 432) Bezug genommen wird. Die gesetzliche Namensregelung solle dadurch einfach und transparent sein.
Nun, zumindest für mich erscheint diese Regelung weder einfach noch transparent, zumal wenn man – wie in unserem Beispiel – fast sein ganzes Erwachsenenleben lang einen Namen getragen hat (in unserem Beispiel Bonin), die Kinder dann aber nicht so heissen können. Mit dieser Kritik bin ich nicht alleine, wie die Minderheitsanträge zeigen, welche in der parlamentarischen Diskussion gestellt, dann aber vom Gesetzgeber verworfen wurden.
Da der Gesetzeswortlaut klar ist, können die Gerichte hiervon nicht abweichen und ausnahmsweise einen durch Eheschliessung erworbenen Namen als neuen Familiennamen zulassen.