Strafbare Handlungen gegen den Geheim- und Privatbereich sind in Art. 179 bis Art. 179novies StGB geregelt.
Verletzung des Schriftgeheimnisses (Art. 179 StGB)
Eine Verletzung des Schriftgeheimnisses (Art. 179 StGB) begeht, wer unberechtigterweise eine verschlossene Schrift oder Sendung öffnet, um von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen.
Die Schriften etc. müssen verschlossen sein (Briefe usw.), weshalb E-Mails nicht erfasst sind. E-Mails sind auch dann nicht erfasst, wenn sie verschlüsselt sind. Auch offene Schriften in einer Schublade sind nicht verschlossen im Sinne von Art. 179 StGB.
Nur das unberechtigte Öffnen ist erfasst; zum Öffnen befugt ist in der Regel der Leiter einer Organisation für an Untergebene adressierte (Geschäfts-)Post, auch wenn „z.Hd. XY“ vermerkt ist.
Nach Abs. 2 wird bestraft, wer Tatsachen, deren Kenntnis er durch eine Verletzung des Schriftgeheimnisses erlangt hat, ausnützt oder verbreitet. Ausnützen ist jede Handlung, die auf irgendeinen Vorteil gerichtet ist.
Bei der Verletzung des Schriftgeheimnisses nach Art. 179 StGB handelt es sich um ein Verletzungs-, Einmal-, Gemein-, Tätigkeits- und Antragsdelikt. Antragsberechtigt ist der Adressat der Schrift.
Art. 179bis bis Art. 179quinquies
Bei den Tatbeständen Abhören und Aufnehmen fremder Gespräche (Art. 179bis StGB), Unbefugtes Aufnehmen von Gesprächen (Art. 179ter StGB), Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte (Art. 179quater StGB) und Nicht strafbares Aufnehmen (Art. 179quinques StGB) geht es um den Schutz des Privaten, die Betätigung und Entfaltung der Persönlichkeit in Vertraulichkeit und Unbefangenheit.
Nach Art. 179bis StGB ist strafbar, wer ein fremdes nichtöffentliches Gespräch, ohne die Einwilligung aller daran Beteiligten, mit einem Abhörgerät abhört oder auf einen Tonträger aufnimmt. Fremd ist das Gespräch für jeden, an den es nicht gerichtet ist. Nichtöffentlich ist das Gespräch, wenn es nicht an die Allgemeinheit gerichtet ist und nur in einem begrenzten Kreis gehört werden kann.
Art. 179ter StGB enthält das Analoge für die Aufnahme eines nichtöffentlichen Gespräches durch einen Gesprächsteilnehmer.
Art. 179quater StGB schützt die Geheim- und Privatsphäre vor unbefugten Aufnahmen (d.h. ohne Einwilligung des Betroffenen) vor Beobachtung durch Aufnahmegerät und vor Aufnahmen durch Bildgeräte.
Strafbar sind jeweils auch bestimmte Nachfolgehandlungen: wenn der Täter
eine Tatsache, von der er weiss oder annehmen muss, daß sie nach Abs. 1 zu seiner Kenntnis gelangte,
- auswertet (d.h. irgendwie zu seinem Vorteil verwendet) oder
- einem Dritten bekanntgibt oder,
eine solche Aufnahme
- aufbewahrt oder
- einem Dritten zugänglich macht (z.B. durch Vorspielen).
Wenn der Täter sowohl die Ausgangshandlung des Aufnehmens als auch die weiteren Handlungen des z.B. Bekanntgebens begeht, ist er wegen beidem strafbar. Das blosse Aufbewahren ist aber mitbestrafte Nachtat.
Das aufgenommene Gespräch ist im Prozess nur beschränkt verwendbar; es ist eine Interessenabwägung durchzuführen zwischen den Interessen der Strafverfolgung und des Verletzten.
Die Ermächtigung im Sinne des BÜPF ist kein Rechtfertigungsgrund; hierzu vgl. unten zu Art. 179octies StGB.
Es handelt sich um ein abstraktes Gefährdungs-, Gemein-, Tätigkeits-, Antragsdelikt. Antragsberechtigt ist nur der Gesprächspartner.
Nach Art. 179quinquies StGB sind die Handlungen nach Art. 179bis ff. StGB nicht strafbar, wer als Gesprächsteilnehmer oder Inhaber eines beteiligten Anschlusses Gespräche mit Hilfs-, Rettungs- und Sicherheitsdiensten oder Gespräche im Geschäftsverkehr betr. Bestellungen, Aufträge, Reservationen usw. aufnimmt.
Inverkehrbringen und Anpreisen von Abhör-, Ton- und Bildaufnahmegeräten (Art. 179sexies StGB)
Strafbar ist, wer technische Geräte, die vor allem dem widerrechtlichen Abhören oder der widerrechtlichen Aufnahme von Bild und Ton dienen, herstellt, einführt, ausführt, erwirbt, lagert, besitzt (!), weiterschafft, jemandem übergibt, verkauft, vermietet, verleiht oder sonst wie in Verkehr bringt oder anpreist oder zur Herstellung solcher Geräte Anleitung gibt, wird mit Gefängnis oder Busse bestraft.
Dieses Delikt erfasst jede denkbare vorsätzliche Handlung im Zusammenhang mit Aufnahmegeräten; es handelt sich, im Gegensatz zu den mit solchen Geräten zu verübenden Delikten (s. oben) um ein Offizialdelikt.
Handelt der Täter im Interesse eines Dritten, der die Widerhandlung zumindest kannte und geschehen liess, wird der Dritte wie der Täter bestraft.
Missbrauch einer Fernmeldeanlage (Art. 179septies StGB)
Wer aus Bosheit oder Mutwillen – also mit direktem Vorsatz – eine Fernmeldeanlage zur Beunruhigung oder Belästigung missbraucht, wird auf Antrag mit Busse oder Gefängnis bestraft.
I.d.R. wird Tatmittel das Telefon sein. Wiederholte belästigende Anrufe müssen nicht anonym sein. Unter Umständen kann bereits Schweigen am Telefon genügen; es geht um den beabsichtigten Effekt.
Bosheit heisst, dass der Täter aus der Beunruhigung oder den Unannehmlichkeiten Freude zieht; Mutwillen ist Bedenkenlosigkeit oder Leichtfertigkeit aus einer Laune heraus.
Amtliche Überwachung (Art. 179octies StGB)
Straflos bleibt, wer in Ausübung ausdrücklicher, gesetzlicher Befugnis die Überwachung des Post- oder Fernmeldeverkehrs einer Person anordnet oder durchführt oder technische Überwachungsgeräte einsetzt, wenn „unverzüglich“ die Genehmigung des zuständigen Richters eingeholt wird.
Unbefugtes Beschaffen von Personendaten (Art. 179novies StGB)
Auf Antrag wird bestraft, wer unbefugt besonders schützenswerte Personendaten oder Persönlichkeitsprofile, die nicht frei zugänglich sind, aus einer Datensammlung beschafft.
Besonders schützenswert sind Daten betreffend die Weltanschauung, Religion, Rasse, Gesundheit usw., vlg. Art. 3 lit. c und d DSG.