Wenn man mit einem gerichtlichen Entscheid nicht einverstanden ist, kann man meistens ein Rechtsmitteln dagegen ergreifen.
Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Einlegung eines Rechtsmittels immer an Rechtsmittelfristen gebunden: In der Regel beträgt diese Frist ein Monat ab Zustellung des Entscheides. Erst wenn die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist und keine Rechtmittel eingelegt wurde, wird der Entscheid rechtskräftig und damit für die Parteien bindend.
Begriff Rechtsmittelverzicht
Der Rechtsmittelverzicht ist eine Erklärung, mit welcher man vor Ablauf der Rechtsmittelfrist auf die Einlegung eines Rechtsmittels ausdrücklich verzichtet.
Rechtskraft
Erklären alle Verfahrensbeteiligten Rechtsmittelverzicht, erwächst der Entscheid auf der Stelle in Rechtskraft und die Parteien sind beispielsweise sofort geschieden.
Grundsatz der Zulässigkeit des Rechtsmittelverzichts
Grundsätzlich ist ein Rechtsmittelverzicht in der Schweiz zulässig.
Zeitpunkt für Rechtsmittelverzicht
Dies führt zur weiteren Frage, ab welchem Zeitpunkt ein solcher Verzicht gültig erklärt werden kann? Kann dieser bspw. bereits vor einem Urteil erklärt werden oder erst nach Urteils-verkündung?
Nach Eröffnung des Entscheides
Ein gültiger Verzicht setzt grundsätzlich die Eröffnung des Entscheides voraus: Dies deshalb, da man nur dann die Tragweite des Verzichts beurteilen kann.
Vor Eröffnung des Entscheides
Es stellt sich jedoch die Frage, ob auch vor Kenntnis des Urteils ein Verzicht möglich ist? Diesbezüglich gelten – aus dem genannten Grund – strengere Anforderungen: Vor der Eröffnung eines Entscheids ist ein Verzicht nur zulässig
- für die ordentlichen Rechtsmittel
- und nur soweit die Dispositionsmaxime Anwendung findet.
Dies bedeutet: Ein Verzicht ist möglich, wenn der Verhandlungsgegenstand im Belieben der Parteien steht – nicht aber, wenn die sog. Offizialmaxime gilt wie bspw. bei Fragen zu den Kindern in einer Scheidung.
Gerade bei anwaltlich nicht vertretenden Parteien ist beim Rechtsmittelverzicht besondere Zurückhaltung geboten.
Wann ist ein Entscheid eröffnet
Ein Entscheid ist eröffnet, wenn das schriftliche Urteilsdispositiv ausge-händigt worden ist.
Bei einer Scheidung auf ein gemeinsames Begehren genügt es daher in den meisten Fällen nicht, wenn an der Gerichtsverhandlung auf ein Rechtsmittel verzichtet wird, da die Urteilseröffnung noch aussteht. Eine solche vorgängige Erklärung wäre unbeachtlich.
Ist einem der sofortige Eintritt der Rechtskraft wichtig, muss man deshalb mit dem Antrag an das Gericht gelangen, es sei einem das Urteilsdispositiv sogleich nach der Gerichtsverhandlung auszuhändigen. Ein Interesse hierfür kann z.B. bestehen, weil man wieder heiraten möchte und die Heiratsvorbereitungen ohne ein rechtskräftiges Urteil nicht möglich sind. Auch habe ich schon Fälle erlebt, wo bei kurz vor der Pensionierung stehenden Parteien eine Einzahlung in die Pensionskasse anstand, welche aber erst nach Rechtskraft des Scheidungsurteil erfolgen sollte.