Podcast

Auf dem Weg als Anwält:in

Duri Bonin reflektiert mit Gästen über Fragen rund um die Arbeit als Anwalt und Strafverteidiger: Was macht eine gute Anwältin aus? Wie organisiert man die Anwaltstätigkeit? Wie handhabt man den Umgang mit Klienten, Gegenanwälten, der Polizei, der Staatsanwaltschaft und den Gerichten? Was zeichnet ein gutes Plädoyer aus? Wie legt man sich eine Verteidigungsstrategie zurecht? Der spannenden Fragen sind vieler. Es ist ein Weg ins Urmenschliche, manchmal gar Allzumenschliche. Abobutton klicken und keine Folge verpassen.

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#30 Die Polizei warnt die Verteidigung vor dem Beschuldigten

13.9.19

Sandra schildert zunächst ihre Eindrücke anlässlich ihrer ersten Anhörung vor dem Zwangsmassnahmengericht. Lange können sich Duri Bonin und Sandra aber nicht bei diesem Thema aufhalten, steht doch schon die nächste Einvernahme an. Auf dem Polizeiposten erscheinend, empfiehlt ihnen die Polizei, nicht zum Beschuldigten in die Zelle zu gehen, dieser sei hoch gefährlich und habe zudem Tuberkulose. Duri und Sandra unterhalten sich über den Umgang mit solch schwierigen Situationen und weshalb etwas mehr Fingerspitzengefühl von Seiten der Strafverfolgungsbehörden (Polizei, Staatsanwaltschaft) wünschenswert wäre, wenn das Institut der „Pflichtverteidigung“ den beschuldigten Personen erläutert wird.

#29 Wie läuft eine Anhörung vor dem Zwangsmassnahmengericht ab

12.9.19

Heute hat Sandra ihre erste Anhörung als Strafverteidigerin vor dem Zwangsmassnahmengericht (ZMG) Zürich. Das Zwangsmassnahmengericht ist diejenige Behörde, welche darüber entscheidet, ob eine Person in Untersuchungshaft versetzt wird. Sandra erkundigt sich deshalb bei Duri Bonin, wo und wann man die Untersuchungsakten studiert, sich mit dem Klienten bespricht und wie die Anhörung abläuft. Duri erläutert ihr, dass man während der Anhörung wie hinter einer Hockeybande dem Haftrichter gegenüber sitzt. Wichtig sei, dass man dem Klienten wie auch dessen Angehörigen erklärt, worum es bei einer Haftprüfung gehe: Es werde nicht über Schuld oder Unschuld verhandelt, sondern ausgehend von der Diskussion, ob ein genügender (sog. dringender) Tatverdacht vorliege, diskutiere man über die Haftgründe (Fluchtgefahr, Kollusionsgefahr, Wiederholungsgefahr, Ausführungsgefahr). Schliesslich gelte es noch zu prüfen, ob die Inhaftierung den konkreten Verhältnissen angemessen erscheint (sog. Verhältnismässigkeit).

#28 Unser Pikett Strafverteidigungs-Einsatz

10.9.19

Um 7 Uhr kam bereits der erste Anruf während dem Pikett Strafverteidigungs-Einsatz von Sandra und Duri Bonin. Die Polizei hatte zuvor eine Person aus dem Bett wegen des Verdachts auf Betäubungsmittelhandel verhaftet. Dank Sandra’s spanisch Kenntnissen war es möglich, vor der Einvernahme mit dem Klienten ohne den von der Polizei aufgebotenen Dolmetscher zur sprechen. Duri und Sandra unterhalten sich über die Ausnahmesituation, in welcher eine verhaftete Person in diesem Moment ist, die Schwierigkeit bei einem solchen Erstkontakt ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und die psychologisch ungünstige Situation, wenn hierbei auf einen Dolmetscher zurückgegriffen werden muss, welcher danach in der Einvernahme übersetzt. Weiter unterhalten sie sich darüber, wie schwierig es ist, die Aussage zu verweigern. Diesem ersten Pikett-Einsatz folgte am Nachmittag eine Einvernahme bei der Staatsanwaltschaft und am Abend bei der Polizei am Flughafen wegen des Verdachts auf bandenmässigen und gewerbsmässigen Diebstahl. Duri war deshalb erst kurz vor 23 Uhr Zuhause. Sandra hatte die Einvernahme früher verlassen, ist dann aber nicht etwas schlafen gegangen, sondern hat an einer Stellungnahme für eine Anhörung vor dem Zwangsmassnahmengericht gearbeitet, welche Duri dann kurz vor Mitternacht dem Gericht einreichen konnte. Kurzum: Ein langer und aufregender Tag. Und morgen geht’s gleich weiter…

#27 Vor dem ersten Einsatz im Pikett Strafverteidigung

9.9.19

Zurück aus den Ferien geht es für Sandra gleich so richtig los: Es steht ihr erster Pikett Strafverteidigung-Einsatz zusammen mit Duri Bonin bevor. Wir unterhalten uns darüber, was Sandra von diesem „Notfalldienst“ erwartet. Mit dem Pikett Strafverteidigung stellen wir Anwälte an 365 Tagen während 24 Stunden sicher, dass eine verhaftete Personen das Recht auch tatsächlich wahrnehmen kann, jederzeit einen Anwalt beizuziehen, also bspw. schon vor der ersten Einvernahme durch die Polizei oder Staatsanwaltschaft (sog.
Anwalt der ersten Stunde
).

#25 Illegale Klientenwünsche

6.9.19

Mitunter gelangen inhaftierte Personen mit illegalen Wünsche an ihren Strafverteidiger. Im jüngsten Fall hat ein Inhaftierter versucht, die Postzensur der Staatsanwaltschaft zu umgehen, indem er seinem Anwalt Duri Bonin mit der vertraulichen Anwaltspost Briefe für diverse andere Personen mitgeschickt hat. Ein anderers Beispiel wäre die Bitte, einen Kassiber (= unerlaubte schriftliche Mitteilung eines Häftlings an einen anderen oder an Außenstehende) aus dem Gefängnis zu „schmuggeln“ oder gar Beweismittel verschwinden zu lassen. Wenn man sich als Strafverteider auf solche „Gefälligkeiten“ einlässt, gerät man in Teufels Küche und macht sich erpressbar.

#24 Ein Flüchtiger meldet sich

4.9.19

Die Polizei hat einen Beschuldigten observiert und wollte diese daraufhin verhaften. Beim Zugriff war der Beschuldigte jedoch verschwunden. Die Polizei tauchte daraufhin wiederholt bei den Angehörigen auf. So erfuhr der Beschuldigte, dass man ihn sucht, worauf er den Kontakt zu seinem Strafverteidiger Duri Bonin suchte. Sandra erlebt zum erstenmal mit, was es heisst, von der Polizei gesucht zu werden, wie man sich stellt und welchen „Weg“ eine verhaftete Person zu gehen hat: Von der Einvernahme bei der Polizei in der Kaserne, über die Inhaftierung im „provisorischen“ Polizeigefängnis (ProPoG) bis zur Hafteinvernahme der Staatsanwaltschaft im sog. „Ständigen Transport“.

#23 Überbringen schlechter Nachrichten ins Gefängnis

30.8.19

Ausgerechnet während Duri Bonin’s Ferienabwesenheit geht ein Kurzgutachten (sog. forensisch-psychologischer Befundbericht) über die Gefährlichkeit einer wegen einer versuchten Tötung inhaftierten Person ein. Und der Befund ist für den Inhaftieren alles andere als gut: Es wird eine hohe Gefährlichkeit attestiert, womit sich die (grosse) Hoffnung nach Haftentlassung zerschlägt.

Sandra entscheidet sich, den Inhaftierten nicht bis zur Ferienrückkehr von Duri warten zu lassen, sondern den Befund dem Inhaftierten zu eröffnen. Es ist ihr erster Gefängnisbesuch alleine und erst ihr zweiter Gefängnisbesuch überhaupt! Duri und Sandra unterhalten sich, wie Sandra diesen Besuch erlebt hat.

Chancen der Adoleszenz (Einordnung des Interviews mit Edi)

Daraus ist ersichtlich, dass das Erreichen der Volljährigkeit nach Schweizer Recht bei meinem Mandanten nicht mit der geistigen Reife korrespondierte. Entsprechend hörte auch die Delinquenz nicht einfach mit dem 18. Lebensjahr auf. Die Adoleszenz hat vielmehr ihren eigenen Fahrplan: Es ist dies eine Phase im Leben, welche mit einem hormonell angetriebenen Motor zu vergleichen ist. Neurologen führen ein solches auf den fundamentalen Umbau des Vorderhirns zurück. In dieser Lebensphase ist auch der Einfluss der Peer-Group besonders hoch und Eltern wie auch die staatlichen Behörden verlieren zwangsläufig ihre Vorbilds- und Spiegelfunktion.

Der angesehene Psychoanalytiker Mario Erdheim hat folgende These für das jugendliche Fehlverhalten „Der Adoleszente, dessen Entwicklung nur körperlich abgeschlossen ist, wiederholt in einem anderen Milieu, was vorher schief gegangen ist. Da er in der Pubertät nun seine geistigen und emotionalen Fähigkeiten ausbildet, um in der Erwachsenenwelt bestehen zu können, ist die Chance gross, einstige Enttäuschungen und Vertrauensverluste dank Wiederholungen zu überwinden.“

Der Jugendliche versucht demnach, Defizite aus früheren Lebensphasen wieder gut zu machen. Bei meinem Mandanten ist leider in der frühen Lebensphase besonders viel schief gelaufen. Vor diesem Hintergrund wird verständlicher, weshalb mein Mandant über Jahre ein Getriebener war. Dies lag nicht nur an der Pubertät. Respektive die Pubertät zeigte sich besonders stark aufgrund seiner Kriegstraumatisierung.

Was passiert nun psychisch mit den Verletzungen, wenn das Individuum in die Pubertät und Adoleszenz kommt? Studien zeigen, dass der Adoleszenz das Vermögen innewohnt, Schäden, Defizite, Wunden aufzuheben, die in der frühen Kindheit und danach entstanden sind. Wie ist sowas möglich? Es kommt dadurch zustande, dass Erfahrungen aus der Kindheit in einem neuen, nämlich adoleszenten Kontext für das Subjekt zugänglich werden, und das heisst nicht mehr in der für das Kind charakteristischen Abhängigkeit von der Familie, sondern in einem neuen, vom Adoleszenten geschaffenen Rahmen. Es sind nun die „Anderen“, die Ängste aushalten müssen, während der Heranwachsende „sein“ Leben führt und sich an keine Regeln halten will. Was einst passiv erlitten wurde, wird jetzt in der Adoleszenz aktiv angegangen. Edi Verhalten war demnach Verarbeitung und Abwehr zugleich, indem er versuchte, seine Umwelt zu kontrollieren, damit er seinerseits nicht mit seiner inneren Ohnmacht konfrontiert wurde und das in der Kindheit Erlittene verarbeiten konnte. Im Vordergrund stand letztlich der Schutz der eigenen Psyche in einer teils inadäquaten und sozialunverträglichen Art und Weise.

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