#77 Vernehmungsstil und Fragetaktik einer staatsanwaltschaftlichen Einvernahme

Sandra und Duri Bonin diskutieren anhand einer konkreten staatsanwaltschaftlichen Einvernahme, wie sie Vernehmungsstil und Fragetaktik erlebt haben:

Der Staatsanwältin ist es durch freundliches, interessiertes sowie zugewandtes Verhalten gelungen, den Zeugen zum Reden zu ermutigen. Dass man spontanere und längere Antworten erhält, je mehr man seine eigene Gesprächsaktivität zurückhält und dem Sprechenden das Gefühl der Wichtigkeit seiner Aussage gibt, ist offensichtlich.

Voraussetzung für den Erhalt eigenständiger Aussagen ist ebenfalls die Kenntnis der Wirkungen bestimmter Fragen in einer konkreten Vernehmungssituation (Unterschied offene/geschlossene Fragen, Vermeidung von Angriffsflächen, Suggestionen oder Milderung von Dominanz durch die Art der Fragen). Aufgrund dessen, dass Vernehmungen (unbewusst) erfolgsorientiert sind, werden Suggestivfragen unnötig oft eingesetzt, welche meist so auch nicht im Protokoll erscheinen.

Ebenfalls nicht unbeachtet darf die Gefahr bleiben, dass der Vernehmungsbeamte aufgrund seines Vorwissens und der Situationsroutine den Vernehmungsablauf derart beeinflusst, dass inhaltliche Erwartungen zu einer einseitigen Schwerpunktbildung führen. Untersuchungen haben ergeben, dass erfahrene Beamte dazu tendieren, sich früh im Verfahren ein Bild über den Tathergang und von der befragten Person anzueignen und deren Erläuterungen entsprechend zu interpretieren. Offenbar führt die Vernehmungsroutine in grösserem Masse zu fixierten Erwartungen.

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  • Interview aus dem Gefängnis
  • Fragen den Anwalt
  • Mit 40i cha mers mit de Tiger
  • Strafverteidigung

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