Sandra stellt fest, dass es immer wieder Beschuldigte gibt, die der Polizei Gefallenwollen: Sie nehmen nicht ihre Interessen als Richtschnur des Handelns, sondern sie verhalten sich so, wie sie glauben, dass die Polizei es von ihnen erwartet.
Aus Sicht der Strafverteidigung ist ein solches Verhalten meist ein Desaster:
- Zum einen liegt dies bereits am Widerspruch, dass je mehr jemand versucht zu Gefallen, desto schlechter das gelingt. Niemand mag letztlich People-pleaser, auch die Strafverfolger nicht.
- Hinzu kommt, dass es für den Verfahrensfortgang relativ unerheblich ist, was der Polizist über den Beschuldigten denkt, die Verfahrenshoheit liegt nicht bei diesem.
- Weiter lässt eine übermässige Wahrheitsliebe nur logisch die Strafuntersuchung grösser und damit unübersichtlicher werden (es gibt auch ein zu viel an Info), was die Verfahrensdauer und den Geständnisrabatt (unweigerlich stellen sich Widersprüche ein) negativ beschlägt.
- Und die lange Verfahrensdauer hat gerade bei People-pleaser psychologisch negative Folgen, werden diese leider vom Druck eines Strafverfahrens massiv vereinnahmt.
- Die Strategie zudem, das Strafverfahren zu kontrollieren, indem man dem Mächtigen zu gefallen sucht, kann nicht aufgehen, im Gegenteil: Der Beschuldigte wird noch viel abhängiger vom Staatsanwalt und dem Gericht, wobei man je nach Delikt nicht mit viel Sympathie rechnen sollte. Darüberhinaus engt man mit diesem Verhalten den eigenen Verhaltens- und Verhandlungsspielraum zusehens ein.
- Letztlich erhält der Beschuldigte für den vorauseilenden gehorsam zwar einen Abschlag bei der Strafzumessung, wobei dieser Abschlag die höhere Strafe aufgrund der Zugeständnisse selten aufwiegt.
Kurz: Mit einer gesunden, strategisch geschickten Portion Widerstand fährt man besser. Aber leichter gesagt, als getan: Denn das Gefallenwollen ist eine verankerte Gewohnheit. Und das Strafverfahren der denkbar ungünstigste Ort, um zu lernen, Druck und Konflikte auszuhalten, für die eigenen Interessen einzustehen und nein zu sagen.
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