#52 Autounfall mit Sachschaden – eigentlich nichts Schlimmes, aber …

Man stelle sich vor: In der Nacht auf dem Nachhauseweg springt einem ein Reh vor das Auto, das Ausweichmanöver endet in einem Zaun. Man fährt nach Hause, macht am nächsten Morgen den Besitzer des Zauns ausfindig und meldet diesem den Schaden. Dieser ist wenig erfreut, sind doch in der Nacht seine Kühe ausgebüxt, weshalb er die Polizei verständigt. Nicht weiter schlimm? Wer ein solches denkt, verkennt die Schweizer Straffreudigkeit.

Es liegt ein Unfall mit Sachschaden vor, was eine umgehende persönliche Meldung durch Aufsuchen an Wohnort oder telefonisch bedingt (Hinterlegung Visitenkarte reicht nicht). Umgehend heisst sofort, unzulässig ist also, wenn nach einem nächtlichen Unfall mit der Benachrichtigung des Geschädigten bis am darauffolgenden Morgen zugewartet wird. Will der Schädiger den Geschädigten nicht mitten in der Nacht stören oder kann er diesen nicht finden, so hat er unverzüglich die Polizei zu verständigen. Das Strafrecht sieht für diese Verletzung der Meldepflicht eine Busse vor (Art. 92 SVG). Administrativrechtlich werden Selbstunfälle mit Sachschaden meist als mittelschwere Widerhandlung gewerte, hinzu kommt deshalb der Entzug des Führerausweises für mindestens einen Monat (Art. 16b SVG).

Aber nicht genug: Es stellt sich weiter die Frage, ob mangels Meldung die Vereitelung einer Massnahme hinzukommt (Art. 91a SVG), womit die Fahrt in den Zaun endgültig teuer zu stehen kommt (Strafrahmen → Freiheitsstrafe bis 3 Jahre oder Geldstrafe). Dahinter steht die Frage, wann ein Fahrzeuglenker mit einer Atemalkoholprobe oder Blutprobe rechnen muss (Art. 55 Abs. 1 SVG)? So ist bei einem Unfall unter winterlichen Verhältnissen und bei vereister Fahrbahn weniger mit einer Massnahme zu rechnen, als wenn sich der Unfall auf einer geraden Strecke bei einwandfreien Strassenverhältnissen ereignet hat. Ist erwiesen, dass der Fahrzeuglenker vor dem Unfall Alkohol konsumierte oder in einer Gaststätte war, ist eher mit einer Blutprobe zu rechnen, als wenn er direkt von der Arbeit kommend, einen Unfall verursachte.

Es ist also sicherlich nicht die schlechteste Idee, vor der Einvernahme bei der Polizei einen Strafverteidiger aufzusuchen.

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